Die Bonner Chaoten haben sich über Jahrzehnte einen Ruf auf dem Platz und an der Theke erarbeitet. Es gab immer wieder wechselnde Trainer, aber seit 30 Jahren hält den Laden ein Mann zusammen: Wolfgang Zornbach. Und seit 30 Jahren ehrenamtlich!!!! Daher muss er einfach endlich mal näher vorgestellt werden..
F: Du kamst ja damals aus meiner Heimatstadt Hamburg nach Bonn. Ungewöhnlich – wir Hamburger bleiben eigentlich immer in der schönsten Stadt dieser Republik unser Leben lang. Wie konnte das passieren??
Ich bin 1958 in Hamburg geboren, dort aufgewachsen, zur Schule gegangen und habe auch in Hamburg Biologie studiert. Ich bin aber nicht unmittelbar aus Hamburg nach Bonn gekommen. Für meine Doktorarbeit war ich noch drei Jahre in Braunschweig – dort habe ich beim MTV Braunschweig in der Oberliga gespielt. Dann hat es mich beruflich nach Bonn verschlagen. 1990 fing ich im Bundeslandwirtschaftsministerium an, damals noch unter Ignaz Kiechle. Heute leite ich das Klimareferat im Landwirtschaftsministerium und fühle mich in Bonn und Umgebung sehr wohl. Hamburg bleibt aber dennoch die einzige richtig schöne Großstadt in Deutschland, auch weil es dort viele Hockeyvereine gibt.
F: In HH warst Du ja kein Unbekannter und hast den 1. Schulhockey Verein in Deutschland aufgebaut – GW Kiebitz. Damals immerhin 200 Jugendliche. Den gibst ja nicht mehr oder?? War es eine One-Man-Show…??
Das stimmt nicht ganz. Meine Hockeylust habe ich im Gymnasium Buckhorn bekommen. Dort war Hans-Joachim Zimmermann – kurz Zimpel – mein Sportlehrer. Er war – soweit ich weiß – der erste Schulhockeywart beim DHB. Im Gymnasium Buckhorn hat übrigens nach meinem Wissen auch Moritz Fürste sein Abi gemacht, aber einige Jahre später als ich. Das Gymnasium lag ca. 10 km entfernt vom Club an der Alster oder auch von Klipper, Rahlstedt oder vom UHC. Im Schulhockey war unser Team immerhin mal Hamburger Vizemeister, obwohl kein einziger Vereinsspieler dabei war. Als Meister wäre es nach Berlin gegangen, Jugend trainiert für Olympia. Da uns die Fahrerei nach dem Abi zu viel war, wir aber Hockey spielen wollten, schlossen wir uns dem nächsten Sportverein an und gründeten eine eigene Abteilung. Das war der SV Bergstedt – ohne Hockeyplatz. Der Verein hatte uns damals zur Auflage gemacht, im ersten Halbjahr wenigstens 60 Mitglieder zu werben. Das klappte und wir fingen mit einer Mädchen A, Knaben A und einer Herrenmannschaft an. Ich bin heute noch dankbar, dass der Club an der Alster uns in den ersten Jahren „Asyl“ gewährt hat – wir mussten also doch fahren –, bis wir durch eine echte „Instandbesetzung“ den Schulsportplatz des Gymnasiums zum Hockeyspielen hergerichtet hatten. Ich war damals mit 19 Jahren der jüngste Sportwart im Hamburger Hockeybund und schnell bekannt. Heute floriert die Abteilung , mit einigen hundert Mitgliedern. Und aus dem Schulsportplatz ist ein toller Kunstrasen mit einem kleinen Clubhaus geworden. Übrigens hatte ich damals einen Artikel von Kay Milner über die Gründung einer Elternhockeymannschaft beim BTHV gelesen (HC Chaos) und fand das so gut, dass ich beim SV Bergstedt unmittelbar danach die Berglöwen gründete. Dort bin ich bis heute Ehrenmitglied.
F: In Bonn bist Du dann bei den 3. Herren gelandet – als pfeilschneller Rechtsaussen, wenn ich mich richtig erinnere. Allerdings reichte es für Deine Mitspieler nicht, Dich passend einzusetzen – 3. Herren eben..?? Der Spaß war trotzdem da oder?? Dann begann irgendwann Deine neue große Karriere – Trainer der berühmt-berüchtigten Chaoten. Wie kam es dazu??
Als ich nach Bonn kam, wollte ich vor allem Spaß beim Hockey und nicht schon wieder Leitungssport. Leistung wurde im Beruf schon genug gefordert. Die 3. / 4. Herren kamen da gerade recht. Allerdings hatte mich Kay 1991, als ich beim BTHV anklopfte, zunächst zu den Chaoten geschickt. Die sagten aber gleich, dass ich wohl viel zu schnell und „professionell“ war. Allerdings wurde gerade auch der Trainerposten frei und ich wurde gleich beim ersten Training gefragt, ob ich nicht Lust hätte, die Chaoten zu trainieren. Na ja, ein paar Trainerlizenzen hatte ich ja, zuletzt der B-Schein, den ich bei Klaus Kleiter, Bernhard Peters und Paul Lissek in Köln gemacht hatte. So sagte ich zu, aber unter der Voraussetzung, dass ich nicht nur am Rand stehe und Anweisungen gebe, sondern dass ich am Ende auch immer mitspiele. Das wurde akzeptiert – bis heute. Und dafür bin ich sehr dankbar.
F: Ist denn von damals jemand noch dabei?? Immerhin hast Du es immer wieder geschafft, neue Spieler zu rekrutieren….
Aus der Anfangszeit sind leider nicht mehr viele dabei. Gerade fällt mir nur Dorothee Busch ein. Die Mannschaft hat sich aber ständig weiter entwickelt, musste den Umzug einer Reihe von Spielerinnen und Spielern nach Berlin verkraften, bekam aber auch Verstärkung durch einige Damen der Munteren Mütter, die sich aufgelöst hatten. In der Spitze hatte der BTHV ja drei Eltern- / Freizeit-Hockeymannschaften (HC Chaos, Muntere Mütter und Lila Pause). Beharrlichkeit, viele supergute Turniere und ein toller Mannschaftszusammenhalt haben am Ende dafür gesorgt, dass die Chaoten immer noch aktiv sind und sich ständig weiter entwickeln. Ihre Offenheit gegenüber neuen Spielerinnen und Spielern hat sich bewährt, der Zulauf ist ungebremst. Ich glaube zudem auch, dass es gut ist, dass wir uns strenge Regeln im Spiel gegeben haben, um die Verletzungsgefahr so weit wie möglich zu mindern. Das hilft besonders auch den Eltern, die als Anfänger zu uns kommen. Und ich glaube auch, dass der gesellschaftliche Aspekt nicht zu kurz kommen darf. Unsere Weihnachtsfeiern sind legendär.
F: Du bist ja auch der Erfinder des Frühstückhockeys – ein Renner oder…`??
Ja, es hat zwar einige Anläufe gebraucht, bis erkannt wurde, dass auch Morgenstund Gold am Stock hat. Aber so konnten wir eine Reihe von Hockeyfans im Team halten, denen Montagabend immer zu spät war. Derzeit sind wir auch am Samstag um 9.00 Uhr immer über 10 Personen und können toll spielen. Schade, dass es mit dem Frühstück danach im Club nicht so gut klappt, weil die Gastro erst später öffnet.
F: Dein Highlight in all den Jahren…??
Ein einziges Highlight gibt es nicht. Bei uns ist jedes Training ein Highlight. Aber wenn ich besondere Ereignisse hervorheben soll, dann sich es sicher die Turniere. In den 90er Jahre haben die Chaoten eigene Turniere organisiert – auf zwei Großfeldern – mit Party und BTHV-Band. Das muss man erlebt und überlebt haben! Nach der Party (bis 4.00 Uhr) wurde um 9.00 Uhr das erste Spiel angepfiffen. Und dann ist es sicher auch das Elternhockeyturnier des DHB im Mönchengladbach. Für Freizeitspieler ist es einfach erhebend, in der großen Arena zu spielen und sich in Zeitlupe beim Torschuss auf der Großbildleinwand zu sehen. Das kommt in unserem Leben nicht so oft vor.
F: Gab es auch einen Tiefpunkt – bei Dir hat man ja immer den Eindruck – alles ist gut
Nein! Es ist tatsächlich alles gut. Natürlich gibt es Tage, bei denen nicht so viele Leute zum Training kommen, wie z.B. kurz nach Weihnachten (Gänsespeckwegtraining). Aber mein Motto ist immer, dass ich mich über alle freue, die kommen. Ich ärgere mich nicht über diejenigen, die nicht kommen. Beim Freizeitsport gibt es keine Verpflichtung und jeder muss selbst entscheiden. Und auch in kleiner Runde kann man mächtig ins Schwitzen (und schwärtzen…AdR) kommen.
F: Und wie lange willst Du noch weiter machen – bis zum 4. Kunstrasen??
Ich mache so lange, wie die Chaoten mich akzeptieren und ich es (körperlich) kann. Natürlich sind die Sprints jetzt nicht mehr so spritzig, ich bin eher als Bewegungsökonom bekannt. Aber ich freue mich über jede Spielerin und jeden Spieler, denen ich diese schöne Sportart vermitteln kann und die sich selbst freuen, zu den „Chaoten“ zu gehören. Ein gelungener Torschuss auf dem 4. Kunstrasen wäre natürlich nicht schlecht.